MAViBLAU ist eine Organisation, die wir im Rahmen von IKMO mit Kaleidoskop und Beratung unterstützen. Es macht uns immer wieder Freude, junge Initiativen auf dem Weg zur Realisierung ihrer Vision zu begleiten. Heute lernen wir sie näher kennen:
Q: Was bedeutet das Wort “MAViBLAU”? Warum heißt Ihr so? Wie habt ihr euch gegründet und was macht ihr? Wie finanziert Ihr Euch?
A. Mavi bedeutet Blau auf Türkisch. Wir sind eine Kulturplattform, die Kreativprojekte zwischen Deutschland und der Türkei entwickelt. Und mit dem Namen wollen wir beides, das Türkische und Deutsche gemeinsam verbindend auf einer Augenhöhe zeigen. Denn für uns sind das zwei Dinge, die eng miteinander verwoben sind und sich nicht voneinander abgrenzen. Genau wie die Farbe blau, die man ja für die Elemente Luft oder Wasser nutzt, da gibt es auch keine trennenden Grenzen.
Wir haben uns 2015 in Istanbul als Kollektiv gegründet, seit 2018 sind wir ein gemeinnütziger Verein in Berlin. Unser Team ist in in beiden Städten und Ländern vertreten. Wir sind ungefähr 40 Personen zwischen 16-35 Jahren mit unterschiedlichen Expertisen, manche machen Medien, andere arbeiten im Kunst-, Kultur- oder sozialen Bereich, studieren, gehen zur Schule, sind in der Ausbildung. Maviblau ist unser gemeinsames Projekt. Wir finanzieren uns durch Spenden, die z.B. die Webseitendomain usw. bezahlen und punktuell durch Förderungen, wie z.B. “Kaleidoskop Berlin” von IKMO. Ansonsten ist unsere Arbeit ehrenamtlich.
Zu Beginn waren wir ausschließlich ein Onlinemagazin, das in Interviews, Reportagen und persönlichen Beiträgen über Kunst und Kultur im deutsch-türkischen Bereich berichtet hat. Inzwischen geben wir auch Workshops, veranstalten Events und entwickeln multimediale, transkulturelle Projekte. Letztes Jahr haben wir sogar eine Theaterperformance organisiert und die in 12 verschiedenen Städten in Deutschland – und natürlich in Istanbul gezeigt.
Q: Im IKMO habt ihr dieses Jahr ein Projekt über “Kaleidoskop Berlin” gefördert bekommen. Wie waren Eure Erfahrungen mit dem Projektantrag?
A: Mit der Förderung von IKMO haben wir einen kreativen Schreibworkshop organisiert, der sich mit dem Thema “Haymat(en) in mir” auseinandersetzt. Mit 16 Leuten mit Türkei-Background haben wir über Identitätsfragen, Zugehörigkeit und gesellschaftliche Einflüsse diskutiert und durch Kreativtechniken Texte dazu erstellt. Das war eine sehr schöne Erfahrung, die möglich gemacht wurde durch die Förderung. Es war toll, vom IKMO- Team, TBB-Team und VIA so an die Hand genommen zu werden. Wir konnten noch während der Antragstellung Fragen stellen und auch die Workshops zu Projektmanagement und Abrechnung haben uns extrem geholfen. Was wir gelernt haben, können wir in unseren nächsten Anträgen sehr gut nutzen. Das Team war außerdem auch einfach total nett und hat uns in unserer Arbeit bestärkt! Das tut sehr gut, wenn man so viel ehrenamtlich arbeitet und dann so schönes Feedback bekommt.
Q: Wie gestaltet Ihr Eure Öffentlichkeitsarbeit? Worin liegen da Eure Schwerpunkte? D.h. wie erreicht Ihr Eure Leser*innenschaft?
A: Wir kommen ja ursprünglich aus dem Online-Bereich und hatten mit dem Online-Magazin insbesondere das Ziel, den Menschen verschiedene Perspektiven auf deutsch-türkische Lebenswelten zu zeigen. Deshalb legen wir sehr viel Wert darauf, dass wir Menschen erreichen. Denn, wenn sie nichts von unserer Arbeit wissen, können wir auch ihre Blickwinkel nicht öffnen und ihnen neue Dinge erzählen. Wir veröffentlichen regelmäßig Artikel, sind auf den sozialen Medien vertreten und haben einen Newsletter. Wir nehmen uns Zeit für das Thema Öffentlichkeitsarbeit und entwickeln eine Strategie, die die Menschen auch erreicht. Als wir 2018 mit der Theaterperformance auf Tour gegangen sind, war das ein überwältigendes Gefühl. Denn wir konnten die Theater in all den unterschiedlichen Städten gut füllen, weil die Leute uns übers Netz schon kannten und folgten und dann auch zu unseren Veranstaltungen kamen.
Q: Unserer Erfahrung in der Arbeit mit Migrant*innenorganisationen nach, gibt es zahlreiche Vereine von Neuzugewanderten/Zugewanderten der 1. Generation, die “für” ihre Kinder bzw. die nächste Generation Förderung der Muttersprache/Pflege der Tradition (!) anbieten. Dabei geht es immer um die “Ängste” der Eltern vor dem Verlust von Sprachen, Kulturen usw. Ist das überhaupt noch ein Thema für Euch und welche Tipps oder Ratschläge könntet Ihr verunsicherten Eltern geben?
A: Der Erfahrung einiger Teammitglieder mit Türkei-Background nach wurde die türkische Sprache beispielsweise in ihrer Schulzeit nie als eine Sprache vermittelt, die lernwürdig sei. Gerade als Kind und Jugendliche*r bekomme man dadurch schnell das Gefühl, dass es unnötig sei Türkisch zu lernen. Im Vordergrund standen in der Schule die Sprachen Englisch, Französisch und Spanisch. Das ‘Image’ der türkischen Sprache ist auch heute nicht auf dem gleichen Level wie die so genannten Prestigesprachen. Und an diesem Punkt knüpfen wir mit unserer Arbeit an: Wir versuchen zu zeigen, wie tiefsinnig und vielfältig die türkische Sprache ist und gehen dabei auch auf Fusionierungen der deutschen und türkischen Sprache ein. Auf der einen Seite arbeiten wir also am Image der Sprache, in dem wir Artikel zum Thema Sprache veröffentlichen. Auf der anderen Seite behandeln wir dieses Thema auch im Rahmen unserer Workshops; insbesondere aus einem Blickwinkel der 2. bis 4. Generation. Aus der Verbindung der deutschen und türkischen Sprache haben sich aufregende Neuschöpfungen entwickelt, die beide Sprachen reicher machen und Ausdruck des ständigen Wandels sind, dem Sprache und Kultur unterliegen und zeigen, wie dieser Wandel die Gesellschaft positiv befruchtet. Wichtig ist, dass man lernt sich sprachlich auszudrücken, denn damit versteht man sich und seine Umwelt tiefgehend besser und kann selbstbewusst partizipieren. Deshalb sind Schreibworkshops z.B. so wichtig und interessant für uns, und deshalb hoffen wir, sie weitermachen zu können. Vielleicht können hier auch Menschen mit Migrationsgeschichte aus der 2ten und 3ten Generation, neuzugewanderten Eltern helfen, die Komplexität zu verstehen und ihre Kinder unterstützen, sich sprachlich weiterzuentwickeln, in der Herkunftssprache ihrer Eltern als auch in der Sprache des Landes, in dem sie sich nun bewegen. Unsere Tipps und Ratschläge wären, den Kindern zu vertrauen und sie generell zu unterstützen und selbst zu verstehen, woher die eigenen Ängste kommen. Das klingt vielleicht etwas abstrakt, aber in Workshops, in denen wir eigene Geschichten und Beispiele teilen, können wir mit den Eltern und Kindern gemeinsam zu solchen Punkten kommen.
Q: Was habt ihr noch vor und wie könnten wir Euch dabei begleiten?
A: Wir wollen uns professionell aufbauen, u.a. unsere Workshops mehr Menschen anbieten und auch langfristige Projekte realisieren. Wir haben so viele Ideen und glauben, dass wir Leute damit wirklich gut erreichen können und einen positiven Beitrag zu einer vielfältigen Gesellschaft leisten können. Schon jetzt hat uns die Unterstützung von IKMO sehr geholfen und wir hoffen, dass ihr uns weiter begleiten werdet. Sei es durch Hilfe bei Projektanträgen, Tipps und Tricks zur Organisation und das Teilen von Erfahrung oder Vernetzung mit anderen Vereinen oder Entscheidungsträgern.